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Freie KFZ-Werkstätten versus KFZ-Vertragswerkstätten

Früher war es eine eindeutige Angelegenheit. Musste ein Neuwagen zur Inspektion oder wurde eine Unfallreparatur fällig, fuhr man zur Vertragswerkstatt, um keine Probleme mit der Garantie zu bekommen. Doch die Regeln haben sich in den letzten Jahren erheblich geändert. Um die Ansprüche zu erhalten, muss man längst nicht immer zur (meist teureren) Markenwerkstatt gehen, sondern kann durchaus auch eine günstige freie Werkstatt wählen. Trotzdem gibt es einiges zu beachten, wenn es um Begriffe wie GVO, Garantie und Gewährleistung geht.

Garantie oder Gewährleistung?

Zunächst einmal sollten die Begriffe Garantie und Gewährleistung voneinander getrennt werden. Üblicherweise verstehen Kunden unter Garantie das, was eigentlich unter die gesetzliche Gewährleistungspflicht fällt. Die Unterschiede sind allerdings erheblich. Während Garantieleistungen grundsätzlich eine freiwillige Leistung der Hersteller sind, kommt der Verkäufer (also in der Regel der Autohändler) nicht um die gesetzliche Gewährleistung herum. Er ist auch der Ansprechpartner für den Kunden, wenn es um diesen Rechtsanspruch geht. Der Hersteller hat damit zunächst nichts zu tun. In der Realität verschmelzen die Begriffe häufig, da der Vertragshändler seinerseits die Garantie des Herstellers in Anspruch nimmt, um seine Kosten abzurechnen. In diesem Fall ist die Abwicklung für den Kunden aber in der Regel ähnlich: Tritt ein Defekt am Fahrzeug auf, der nicht auf Verschleiß oder fehlerhafte Bedienung zurückzuführen ist, fährt er zum Händler, der sich um die Behebung des Problems kümmert.

Garantie ist meist umfangreicher

Garantieleistungen der Hersteller gehen meist deutlich über das hinaus, was der Gesetzgeber fordert. So sind Garantien mit einer mehrjährigen Gültigkeitsdauer keine Seltenheit mehr. Sie sind häufig an eine Vielzahl von Vertragsbedingungen gebunden, in denen der Hersteller bestimmte Wartungsarbeiten und die Einhaltung von Inspektionsintervallen vorschreibt. Wurden sie nicht durchgeführt, kann die Garantieleistung unter Umständen verwirkt sein. Automobilclubs und Verbraucherschützer weisen aber darauf hin, dass es mittlerweile durch einen Beschluss der EU-Kommission für den Kunden keine Rolle mehr spielen muss, ob die Inspektionen bei einem Vertragshändler oder in einer freien Werkstatt durchgeführt werden, um die Ansprüche zu erhalten. Wichtig ist dabei nur, dass die Arbeiten fachgerecht und mit geeigneten Ersatzteilen durchgeführt werden, die den technischen Vorgaben der Hersteller entsprechen. Nicht gebunden ist man hingegen an spezielle Produkte des Herstellers (die meist sehr teuer sind), sofern es einen gleichwertigen Ersatz auf dem freien Markt gibt.

KFZ-Werkstatt

KFZ-Werkstatt ©iStockphoto/tyler olson

Ersatzteile müssen Herstellervorgaben erfüllen

Streitfälle gibt es dennoch immer wieder. Dabei ist aber natürlich auch zu berücksichtigen, ob ein Verstoß gegen Wartungsvorschriften tatsächlich auch ursächlich mit dem entstandenen Schaden in Zusammenhang steht. So ist beispielsweise kaum eine kausale Verbindung herzustellen zwischen der Verwendung eines günstigen Bremsbelags und dem Versagen des Scheibenwischermotors. Typisch für Diskussionen ist auch immer wieder die Wahl der richtigen Schmierstoffe. Grundsätzlich kann der Hersteller natürlich Vorgaben machen, was die Eigenschaften des Motoröls angeht. Eine bestimmte Marke kann er hingegen nicht vorschreiben, sofern das günstigere Öl die technischen Vorgaben erfüllt. Da besonders bei Inspektionen ein Ölwechsel beim Hersteller ein Vielfaches von dem kosten kann, was in einer freien Werkstatt abgerechnet wird, ist das für den Kunden schon ein erheblicher Preisvorteil.

Preise vergleichen – nicht immer gewinnt die freie Werkstatt

Auch wenn immer noch die Meinung vorherrscht, dass freie Werkstätten immer die günstigere Alternative sind, sieht die Realität anders aus. Daher lohnt es sich in jedem Fall, die in Frage kommenden Werkstätten vorab zu vergleichen. Anders als noch vor einigen Jahren, geht dies inzwischen auch über das Internet.

Der Stempel im Serviceheft

Die Autofahrer sorgen sich häufig um die Stempel im sogenannten Scheckheft. Bei Neuwagen sollte man stets darauf achten, dass Inspektionen und Wartungen den dort vermerkten Vorgaben und Laufleistungen entsprechend durchgeführt werden, um Garantieansprüche zu erhalten. Auch für den Wiederverkauf ist dies meist ein wichtiges Argument. Lückenhafte Servicehefte führen schnell zur Ablehnung von Ansprüchen, selbst wenn die Garantiezeit noch lange läuft. Dies ist auch nachvollziehbar: Viele Wartungsarbeiten sind nämlich von der Kilometer-Laufleistung des Fahrzeugs abhängig und nicht allein von bestimmten Zeiträumen. Was viele Kunden nicht wissen, ist, dass diese Inspektionen durchaus auch in der freien Werkstatt abgewickelt werden können. Wichtig ist nur, dass der ausführende Betrieb entsprechend qualifiziert ist und die Arbeiten fachgerecht erledigt werden. Um dies nachzuweisen, sollte man auf einem entsprechenden Vermerk auf der Rechnung bestehen und natürlich auch den Stempel im Serviceheft nicht vergessen. Wichtig: Unfallreparaturen müssen nicht unbedingt vom Vertragshändler durchgeführt werden. Ein qualifizierter Fremdbetrieb kann dies ebenso erledigen. Im Interesse eines später beim Wiederverkauf zu berücksichtigenden Wertverlustes sollten alle Unfallreparaturen lückenlos mit Rechnungen dokumentiert werden. Klar ist auch, dass Arbeiten ohne Nachweis oder durch nicht qualifizierte Kräfte grundsätzlich zu Problemen führen können.

Kulanz läuft immer nach den Regeln des Herstellers

In der Theorie lässt sich also auch bei der Wartung von Neuwagen Geld sparen. In der Praxis sollte man aber bedenken, dass es noch die sogenannte Herstellerkulanz gibt. Tritt ein Defekt am Fahrzeug nach Ablauf der Garantiezeit auf, sind viele Hersteller bereit, unter bestimmten Umständen einen Teil der Kosten oder manchmal sogar die ganze Rechnung zu übernehmen. Darauf hat aber kein Kunde einen Rechtsanspruch – diese Leistung ist komplett freiwillig und hängt somit vom Wohlwollen des Herstellers ab. Und diese bestehen in der Regel immer darauf, dass das Serviceheft nicht nur lückenlos abgestempelt ist, sondern dass die Wartungen auch bei Vertragswerkstätten durchgeführt wurden. Abgelehnt werden Kulanzleistungen normalerweise auch immer dann, wenn es sich bei dem Fahrzeug um einen sogenannten Reimport handelt. Hat man also vor, ein Fahrzeug über einen längeren Zeitraum zu fahren, sollte man dies schon zu Beginn des Autolebens berücksichtigen. Kommt es im Laufe der Zeit zu einer Rückrufaktion, bestimmt der Hersteller ebenfalls, wie und wo die Reparatur durchzuführen ist, denn er trägt schließlich auch die Kosten.

Bei Ersatzteilen nicht an falscher Stelle sparen

Kauft man ein Fahrzeug gebraucht, stellt sich die Frage nach dem Garantieerhalt nur noch bedingt. Ist die gesetzliche Gewährleistung abgelaufen und das Serviceheft möglicherweise ohnehin bereits lückenhaft, geht es meist nur noch darum, Geld bei der Wartung und bei Reparaturen zu sparen. Die Wahl der Ersatzteile kann dabei einen großen Teil der Rechnung ausmachen, denn Originalersatzteile sind fast immer deutlich teurer als gleichwertige Produkte auf dem freien Markt. Immer vorausgesetzt, dass die Herstellervorgaben eingehalten werden. Billige Raubkopien von Ersatzteilen aus zwielichtigen Quellen sollten schon aus Sicherheitsgründen nicht verbaut werden. So finden sich besonders bei Auktionen im Internet immer wieder gefälschte Teile aus Asien, die sich am Ende als lebensgefährlich entpuppen können. Bestenfalls halten sie nicht lange und können das Auto sogar beschädigen. Dieses Risiko sollte man also auf gar keinen Fall eingehen. Doch Bremsen von renommierten Teileherstellern können zum Beispiel bedenkenlos anstelle der Originalteile verwendet werden. Häufig sind die Teile tatsächlich weitgehend identisch, da viele der Ersatzteilproduzenten als Zulieferer auch die Originalteile für die Hersteller produzieren. Wichtig ist nur, dass die verwendeten Teile ausdrücklich für das jeweilige Fahrzeug geeignet und freigegeben sind.

Darf man das Öl selbst mitbringen?

Es ist auch möglich, bei einer Vertragswerkstatt zu bleiben, weil man beispielsweise mit der Arbeit und dem Service hochzufrieden ist, aber dennoch Geld bei den Teilen zu sparen. So kann man durchaus das Öl für den Ölwechsel günstig im Großgebinde einkaufen und zum Termin beim Vertragshändler mitbringen. Dass die Händler solche Kunden nicht unbedingt schätzen, ist allerdings nachvollziehbar. Auch bei freien Werkstätten kann man natürlich sein eigenes Öl wechseln lassen oder Ersatzteile mitbringen. Jedoch ist der Betrieb dann nicht zur Rücknahme des Altöls oder der Entsorgung der alten Teile verpflichtet und kann diese Leistungen in Rechnung stellen. Ob sich ein solches Verhalten also immer rechnet, steht auf einem anderen Blatt.

Welche Qualitätsunterschiede gibt es?

Die Qualität freier Werkstätten wird in Tests renommierter Fachjournalisten und Automobilclubs in der Regel nicht schlechter bewertet als die von Fachhändlern. Nicht selten sind freie Betriebe früher sogar Markenwerkstätten gewesen. Die sogenannte Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) regelt seit einigen Jahren die rechtlichen Rahmenbedingungen für Kfz-Werkstätten, die keiner Marke angehören. So müssen die Hersteller den freien Werkstätten Einblick in Wartungspläne und Reparaturunterlagen gewähren. Früher konnte die Reparatur eines Fahrzeugs daran scheitern, dass die Werkstatt nicht über die korrekten Unterlagen verfügte. Gleiches gilt für spezielle Werkzeuge, die für bestimmte Arbeiten erforderlich sind. Die Hersteller können sich nicht mehr weigern, diese auch an freie Werkstätten zu verkaufen.

Erfahrung kann ebenfalls Geld sparen

Möchte man Wartungsarbeiten oder Reparaturen bei einem freien Kfz-Betrieb durchführen lassen, ist dies also prinzipiell möglich. Vor der Auftragserteilung sollte man sich allerdings vergewissern, dass die erforderlichen Kenntnisse und Spezialwerkzeuge im Betrieb vorhanden sind. Dies gilt umso mehr bei exotischen Fahrzeugen, die nicht an jeder Ecke zu finden sind. Hier kann es sich unter Umständen lohnen, einen erfahrenen Fachbetrieb aufzusuchen, denn obwohl die Arbeiten letztlich überall fachgerecht durchgeführt werden, kann es erhebliche Unterschiede beim Zeitaufwand (und somit den Arbeitskosten) geben. Generell kann man davon ausgehen, dass einfache Wartungs- und Verschleißarbeiten an Bremsen, Auspuff oder Kupplung von jedem Fachbetrieb gleichermaßen bewältigt werden können. Bei einem komplizierten Zahnriementausch an einem exotischen Sportwagen macht sich eine entsprechende Erfahrung aber durchaus bezahlt.

Preise vergleichen – nicht immer gewinnt die freie Werkstatt

Der Preisvergleich sollte stets vor Auftragserteilung durchgeführt werden. Denn es ist längst nicht immer so, dass die Vertragswerkstatt automatisch teurer ist als die freie Werkstatt. Umgekehrt hat man in einer Händlerwerkstatt auch nicht zwangsläufig die Gewissheit, dass alle Arbeiten vorschriftsgemäß umgesetzt werden. Erschreckend sind manchmal die Ausfallquoten bei teuren Inspektionen, bei denen in Tests immer wieder Fachbetriebe durchfallen und Arbeiten vergessen oder nicht durchgeführt haben. Auf der Rechnung tauchen sie meist trotzdem auf.

Fazit: Auf Leistung und Qualität achten

Als Kunde hat man heute die Auswahl, wobei bei Neuwagen mögliche Auswirkungen auf eine spätere freiwillige Kulanzleistung berücksichtigt werden sollten. Regelmäßige Wartungsarbeiten und Inspektionen können ebenso wie Unfallreparaturen auch von markenfremden Werkstätten durchgeführt werden, ohne dass dies nachteilige Folgen hinsichtlich der Herstellergarantie hat. Bei gesetzlicher Gewährleistung ist hingegen stets der Händler der erste Ansprechpartner. In jedem Fall sollte man auf eine durchgängige Dokumentation des Servicehefts bestehen und sich die fachgerechte Durchführung von Inspektionen nach Herstellervorgaben auf der Rechnung der freien Werkstatt bescheinigen lassen.